Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, ist das Kapitel zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber für gewöhnlich abgeschlossen. Doch was passiert, wenn der ehemalige Arbeitgeber weiterhin mit Fotos oder Videos des ausgeschiedenen Mitarbeiters wirbt? Genau damit hatte sich das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in einem viel beachteten Urteil vom 27.07.2023 (Az. 3 Sa 33/22) auseinanderzusetzen – mit deutlichen Konsequenzen für Arbeitgeber.
Der Fall: Ehemaliger Arbeitnehmer auf der Firmenwebsite präsent
Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin ein Werbevideo sowie Fotos eines ehemaligen Mitarbeiters öffentlich zugänglich gemacht. Dieser war darauf deutlich erkennbar und als Schulungsleiter „in Aktion“ dargestellt. Obwohl der frühere Mitarbeiter den Arbeitgeber mehrfach zur Löschung aufgefordert hatte, reagierte dieser erst nach anwaltlichem Einschreiten – und das erst neun Monate nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters.
Rechtslage: Ohne Einwilligung keine Veröffentlichung – auch nicht nachträglich
Die Gerichte stellten klar: Eine einmal erteilte Einwilligung zur Nutzung von Bildnissen endet regelmäßig mit dem Arbeitsverhältnis, sofern keine ausdrückliche anderweitige Regelung getroffen wurde. Dies gilt umso mehr, wenn die Aufnahmen zu Werbezwecken dienen. In datenschutzrechtlicher Hinsicht fehlte es an einer gültigen Rechtsgrundlage für die fortgesetzte Verarbeitung der personenbezogenen Daten in Form der Bildaufnahmen (Art. 6 Abs. 1 DSGVO).
Auch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergibt sich, dass ein Arbeitnehmer nicht nachträglich gegen seinen Willen zur „Werbefigur“ für einen ehemaligen Arbeitgeber gemacht werden darf – erst recht nicht, wenn dieser nun bei einem Mitbewerber tätig ist.
Deutliche Konsequenzen: 10.000 Euro Schadensersatz
Das LAG Baden-Württemberg sah hierin eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die unerlaubte Nutzung über einen langen Zeitraum hinweg, zu kommerziellen Zwecken, führte letztlich zu einem Schadensersatz in Höhe von 10.000 Euro – deutlich mehr als die vom Arbeitsgericht Pforzheim ursprünglich zugesprochenen 3.000 Euro.
Das Gericht betonte zudem, dass der Schadensersatz auch eine abschreckende Wirkung haben müsse, um zukünftige Verstöße durch Arbeitgeber zu verhindern (sog. „Hemmungsfunktion“ der Entschädigung).
Handlungsempfehlung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Für Arbeitnehmer:
Wenn Sie feststellen, dass Ihr ehemaliger Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin mit Ihrem Bild oder Videoaufnahmen wirbt, sollten Sie dies nicht hinnehmen. Sie haben das Recht auf Löschung der Aufnahmen und können unter Umständen eine Entschädigung verlangen. Eine anwaltliche Prüfung kann hier schnell Klarheit schaffen.
Für Arbeitgeber:
Die Nutzung von Bildmaterial früherer Mitarbeiter birgt erhebliche rechtliche Risiken. Prüfen Sie bei jedem Personalwechsel, ob verwendete Inhalte noch datenschutzkonform sind. Eine ausdrückliche, dokumentierte Einwilligung zur Weiterverwendung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist in den meisten Fällen erforderlich – und selbst dann unter engen rechtlichen Voraussetzungen zulässig.
Fazit: Recht am eigenen Bild endet nicht mit dem Arbeitsvertrag
Das Urteil des LAG Baden-Württemberg unterstreicht: Arbeitgeber handeln auf dünnem Eis, wenn sie ohne aktuelle Einwilligung mit Aufnahmen ehemaliger Mitarbeiter werben. Arbeitnehmer hingegen haben ein wirksames rechtliches Instrumentarium in der Hand, sich gegen solche Übergriffe zu wehren – und im Ernstfall auch Schadensersatz zu erlangen.